Andrej Sacharow war ein Ausnahme-Physiker in einem Ausnahme-Jahrhundert. Als Ausnahme-Talent rekrutierte ihn die sowjetische Regierung unter Stalin für eines der wichtigsten Unternehmen der Sowjetunion – den Bau der Wasserstoffbombe. Er wurde gefeiert und ausgezeichnet, hatte Zugang zum Kreml und den Parteiführern. Als Ausnahme-Intellektueller ließ er sich aber durch seine Privilegien in seinem Denken nicht korrumpieren. Er akzeptierte nicht, dass die Staatsführung den Tod von Tausenden von Menschen in Kauf nahm, nur um weiter Bomben zu testen. Furchtlos stellte er den Machthabern unbequeme Fragen. Vom Kampf für Menschenleben war es nur noch ein kleiner Schritt hin zu seinem Eintreten für Menschenrechte.
1921 geboren ist Sacharow nur ein Jahr älter als die Sowjetunion selbst. Er wächst in Moskau im Haus seiner Großmutter auf, das er später liebevoll als „Sacharowʼsches Haus“ bezeichnet. Für ihn ist das mehr als nur ein Zuhause, es ist ein geschützter Raum, in dem er wachsen und sich entwickeln kann. Doch die Geschichte dringt letztlich auch hier ein und macht Sacharow nicht nur zu ihrem Augenzeugen, sondern zu ihrem Teil und Werkzeug.
Idylle und Terror
Im „Sacharowʼschen Haus“ lebt Andrejs Familie mit zahlreichen Verwandten zusammen. Jede Familie bewohnt ein Zimmer, nur Andrejs Familie hat zwei. Seine Eltern stammen aus dem Adel beziehungsweise dem Bildungsbürgertum und halten sich und ihre zwei Söhne lieber weit entfernt von den Bolschewiki. Um ihre Kinder vor Indoktrination zu schützen, bekommen sie Privatunterricht. Erst 1934, im Alter von 13 Jahren, kommt Andrej auf eine staatliche Elite-Schule, die er 1938 mit Auszeichnung abschließt. All das können sich seine Eltern leisten, weil sein Vater als Physiker mit Fachbüchern gut verdient. Selbst Sommerurlaub auf dem Land, am Meer oder in den Bergen ist für die Familie drin.
Seine Kindheit beschreibt Sacharow später als eine idyllische Zeit. Doch der Stalinʼsche Terror macht auch vor dem Sacharow’schen Haus nicht halt: Zwei Onkel, die mit ihnen im Haus leben, holt der NKWD ab. Auch drei Geschwister seiner Mutter werden verhaftet.
Der Kriegsbeginn 1941 fällt mitten in Sacharows Physik-Studium in Moskau. Da der Lehrbetrieb nach Aschgabat in Turkmenistan verlegt wird, muss er eine sechswöchige Zugfahrt nach Zentralasien antreten. Der Krieg bereitet dem Leben im „Sacharowʼschen Haus“ nicht nur im übertragenen Sinne ein Ende: Am Tag von Andrejs Abreise zerstört eine deutsche Bombe das Haus; seine Verwandten bleiben zum Glück unverletzt. Andrej Sacharow ist jedoch bereits auf dem Weg nach Aschgabat, als er die Nachricht erhält.
Krieg und Wissenschaft
In der Evakuierung schließt Sacharow 1942 sein Studium mit Auszeichnung ab – und lehnt eine ihm angebotene Promotionsstelle ab. Der Krieg dauert an, und er möchte lieber in einer Fabrik Munition für die Front herstellen. Er arbeitet in einer Fabrik in Uljanowsk, wo er seine erste Frau Klawa kennenlernt, mit der er später drei Kinder hat. Erst Anfang 1945 kehrt Sacharow mit seiner Frau nach Moskau zurück, um doch in theoretischer Physik zu promovieren.
Im Zweiten Weltkrieg besiegen die USA und die UdSSR gemeinsam Nazi-Deutschland. Doch seit 1945 sehen sie sich als ideologische Gegner, von denen nur die USA die Atombombe haben. Also wird in der UdSSR mit Hochdruck an eigenen Nuklearwaffen gearbeitet. Sacharow wird nach Abschluss seiner Promotion 1947 für diese geheime Forschung rekrutiert. Seit 1950 lebt er mit seiner Frau auf dem „Objekt“, einer geheimen Forschungseinrichtung 500 Kilometer von Moskau entfernt.
Bereits einige Monate nach Stalins Tod zündet die Sowjetunion im August 1953 ihre erste Wasserstoffbombe, an deren Entwicklung Sacharow maßgeblich beteiligt ist. Zwei Jahre später gelingt ihm die Entwicklung einer noch tödlicheren Waffe, über deren Zerstörungskraft Sacharow entsetzt ist. Er berechnet, dass allein der Test einer Bombe von einer Megatonne Sprengkraft 10.000 Menschen das Leben kostet. Seine Erfindung hält er im Kontext des Kalten Krieges zwar nach wie vor für richtig. Doch von nun an drängt er die Parteiführer, Atomwaffen im Rahmen gegenseitiger Abrüstung weder einzusetzen, noch zu testen. Dafür nutzt er auch den feierlichen Empfang im Kreml im Juli 1961, wo er dem Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow einen Zettel zusteckt.
Der Kriegsbeginn 1941 fällt mitten in Sacharows Physik-Studium in Moskau. Der Lehrbetrieb wird nach Aschgabat in Turkmenistan verlegt wird. In der Evakuierung schließt Sacharow 1942 sein Studium mit Auszeichnung ab / Foto: Andrej Sacharow, 1940 / © Sacharow-Zentrum Sacharow lehnt eine ihm angebotene Promotionsstelle ab. Der Krieg dauert an, und er möchte lieber in einer Fabrik Munition für die Front herstellen / Foto: Patenturkunde für ein Gerät zur Bemessung der Qualität von Gewehrkugeln / © Sacharow-Zentrum Während des Krieges arbeitet er in einer Fabrik in Uljanowsk, wo er seine erste Frau Klawa kennenlernt, mit der er später drei Kinder hat / Foto: Andrej und Klawdija Sacharow, 1943 / © Sacharow-Zentrum Sacharow wird nach Abschluss seiner Promotion 1947 für die geheime Forschung an Nuklearwaffen rekrutiert / Foto: Sacharow mit dem Leiter des Atomprogramms der UdSSR, Igor Kurtschatow / © Dimitri Perewersjew, Sacharow-Zentrum Seit 1950 lebt er mit seiner Frau auf dem „Objekt“, einer geheimen Forschungseinrichtung 500 Kilometer von Moskau entfernt / Foto: Haus auf dem „Objekt“, in dem Sacharow lebte, 1950er Jahre / Foto © Sacharow-Zentrum
Die Wasserstoffbombe
Sacharow hat einen Teilerfolg: Er kann Chruschtschow überzeugen, 1963 ein Abkommen mit den USA und Großbritannien zu unterschreiben, das Atomtests zu Wasser, im Weltraum und in der Atmosphäre verbietet.
Doch ein Jahr später wird Chruschtschow von Leonid Breshnew gestürzt. Wie viele andere befürchtet Sacharow, dass Stalin rehabilitiert und Menschen wieder verfolgt werden. Er beginnt, Briefe an die Machthaber zu unterschreiben, in denen Intellektuelle vor einer Rückkehr des Terrors wie unter Stalin warnen. Ein erstes Anzeichen dafür sehen sie in der Verhaftung der beiden Schriftsteller Andrej Sinjawski und Juli Daniel im Herbst 1965, die im Ausland Satiren über die Sowjetunion veröffentlicht haben. Obwohl das laut Verfassung nicht verboten ist, werden sie 1966 zu Lagerhaft verurteilt.
Am 5. Dezember 1966, dem Tag der Verfassung, nimmt Sacharow zum ersten Mal an einer Demonstration am Puschkin-Denkmal in Moskau teil. Kritik an Verhaftungen von Andersdenkenden muss staatskonform geäußert werden. Also haben sich die Aktivist∙innen eine Schweigeminute zu Ehren der Verfassung ausgedacht, bei der sie alle die Hüte ziehen wollen. Laute Unmutsbekundungen oder politische Forderungen würden die Demonstrierenden in Gefahr bringen. Stattdessen liest Sacharow laut die Inschrift auf dem Sockel des Puschkin-Denkmals vor.
Andrej Sacharow mit seiner Frau und seinen Töchtern Tanja und Ljuba auf dem „Objekt“, 1954–55 / Foto © Sacharow-Zentrum Im August 1953 zündet die UdSSR ihre erste Wasserstoffbombe, an deren Entwicklung Sacharow maßgeblich beteiligt ist. Zwei Jahre später gelingt ihm die Entwicklung einer noch tödlicheren Waffe, über deren Zerstörungskraft Sacharow entsetzt ist / Foto: Populärwissenschaftlicher Artikel von Sacharow in der DDR-Zeitschrift Die Sowjetunion heute, 1958, Nr.20 / © Sacharow-Zentrum
„Weil ich die Freiheit pries …“
Sacharows Engagement für Menschen, die für ihre Meinungsäußerungen verhaftet und verurteilt wurden, nimmt in 1960er Jahren stetig zu. Er nutzt seine Prominenz und seinen (noch) engen Kontakt zu den Machthabern, um sich in Briefen an sie für die Verurteilten einzusetzen. Außerdem spricht er sich gegen die Verschärfung des Strafrechts aus und engagiert sich für den Umweltschutz. Schließlich beginnt er, nach Feierabend auf dem „Objekt“ seine Gedanken über Fortschritt, friedliche Koexistenz und geistige Freiheit, kurz: sein Manifest, zu Papier zu bringen.
Am 5. Dezember 1966, dem Tag der Verfassung, nimmt Sacharow zum ersten Mal an einer Demonstration am Puschkin-Denkmal in Moskau teil / Foto © Sacharow-Zentrum Sacharows Engagement für Menschen, die für ihre Meinungsäußerungen verhaftet und verurteilt wurden, nimmt in den 1960er Jahren stetig zu. Er wird dabei von seiner zweiten Frau Jelena Bonner unterstützt / Foto: Sacharow und Bonner, 1972 / © I. Zimerinow, Sacharow-Zentrum
Sacharows Manifest
In seinem Manifest warnt Sacharow, es sei jetzt der letzte Moment, um die Menschheit vor einem Dritten Weltkrieg, den Planeten vor der Zerstörung und die geistige Freiheit vor staatlicher Unterdrückung zu schützen.
Er gibt es Freunden zu lesen und richtet es an den Parteichef Leonid Breshnew, mit dem er gern darüber diskutieren möchte. Aber am 6. Juli 1968 druckt es eine holländische Zeitung ab. Sacharow erfährt es durch die BBC, die davon berichtet. In Moskau ist man entsetzt: Sacharow verliert seine Anstellung am „Objekt“, darf aber an der Akademie der Wissenschaften weiterforschen. Im Westen ist man dagegen begeistert: 18 Millionen Menschen lesen seine Gedanken und Forderungen.
1970 gründet Sacharow gemeinsam mit anderen Andersdenkenden das Komitee für Menschenrechte, denen er sich in den folgenden Jahren zusammen mit seiner zweiten Frau Elena Bonner ganz widmet. Er nutzt seine Prominenz, um seine Forderungen auch an ausländische Botschaften zu übermitteln und Pressekonferenzen in seiner Wohnung abzuhalten.
„Für seinen Kampf für die Menschenrechte in der Sowjetunion, für Abrüstung und Zusammenarbeit zwischen allen Nationen“ erhält er 1975 den Friedensnobelpreis, den allerdings nicht er persönlich, sondern stattdessen seine Frau in Oslo entgegennehmen darf. Das Politbüro berät schon damals, ob es Sacharow verbannen soll, entscheidet sich aber aufgrund seiner internationalen Prominenz dagegen. Das ändert sich, als Sacharow angesichts des sowjetischen Einmarschs in Afghanistan 1979 dazu aufruft, die Olympischen Spiele in Moskau 1980 zu boykottieren.
In seinem Manifest warnt Sacharow, es sei jetzt der letzte Moment, um die Menschheit vor einem Dritten Weltkrieg und die geistige Freiheit vor staatlicher Unterdrückung zu schützen / Foto: Manifest Sacharows / © Archiv FSO Sacharow richtet sein Manifest an den Parteichef Leonid Breshnew, mit dem er gern darüber diskutieren möchte / Foto: Sacharows Brief an Breshnew / © Sacharow-Zentrum 1970 gründete Sacharow das Komitee für Menschenrechte, dem er sich in den folgenden Jahren zusammen mit seiner zweiten Frau Jelena Bonner ganz widmet / Foto: Die Mitglieder des Komitees für Menschenrechte Igor Schafarewitsch, Andrej Sacharow und Grigori Podjapolski, ca. 1973 / © Ch. Smith, Sacharow-Zentrum „Für seinen Kampf für die Menschenrechte in der Sowjetunion, für Abrüstung und Zusammenarbeit zwischen allen Nationen“ erhält Sacharow 1975 den Friedensnobelpreis / Foto: Sacharow mit der Nobelpreis-Auszeichnung, etwa Dezember 1975 / © Sacharow-Zentrum
Die Verbannung
Am 22. Januar 1980 befindet sich Sacharow auf dem Weg zur Arbeit, als die Polizei seinen Wagen stoppt und zur Staatsanwaltschaft umleitet. Dort wird ihm mitgeteilt, dass ihm alle staatlichen Auszeichnungen entzogen werden und er in die Stadt Gorki verbannt wird – eine Stadt, die für Ausländer gesperrt ist.
Sechs Jahre ist Sacharow in Gorki auf seine kleine Wohnung am Stadtrand beschränkt. Anfangs hält seine Frau für ihn den Kontakt zur Außenwelt, aber ab 1984 darf auch sie Gorki nicht mehr verlassen. Telefon und Radioempfang sind ihnen verboten; die Wohnung wird permanent überwacht und mehrfach durchsucht. Das einzige Protestmittel ist der Hungerstreik. Dreimal setzt Sacharow dieses Mittel ein, um private und politische Forderungen durchzusetzen, bis ihn die Ärzte zwangsernähren.
Am 15. Dezember 1986 klingelt es spät abends an ihrer Tür. Drei Männer erscheinen, die ein Telefon installieren und mitteilen, es werde am nächsten Tag ein Anruf kommen. Sacharow und seine Frau warten – am Nachmittag des nächsten Tages läutet das Telefon.
Sacharow nutzt seine Prominenz, um seine Forderungen auch an ausländische Botschaften zu übermitteln / Foto: Sacharow vor der US-amerikanischen Botschaft in Moskau, im Geheimen aufgenommen vom KGB am 13. oder 14. Januar 1977 / © Sacharow-Zentrum Im Januar 1980 wird Sacharow festgenommen und nach Gorki verbannt – eine Stadt, die für Ausländer gesperrt ist. Auch alle staatlichen Auszeichnungen werden ihm entzogen / Foto: Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR über die Verbannung Sacharows / © Sacharow-Zentrum Sechs Jahre ist Sacharow in Gorki auf seine kleine Wohnung am Stadtrand beschränkt / Foto: Sacharows Haus in Gorki / © Sacharow-Zentrum
Die Rückkehr
Sacharow und Bonner werden in Moskau am Bahnhof von hunderten begeisterter Menschen empfangen. Sie nehmen sofort ihr Engagement für Menschenrechte und Demokratie wieder auf; sie reisen durchs In- und Ausland und treffen internationale Staatschefs. Doch Michail Gorbatschow hat sie zwar in die Freiheit entlassen und will mit seinem Programm von Glasnost und Perestroika das Land reformieren und Politik transparent gestalten. Aber Sacharows Reden werden nach wie vor nicht gedruckt. Die Demokratisierung, die er sich vorstellt, geht wesentlich weiter als das, was Gorbatschow erlauben will. Zu Gorbatschows Missfallen gründet Sacharow zusammen mit anderen Andersdenkenden die erste demokratische Partei und die Organisation Memorial , die sich bis heute für die Aufarbeitung des Stalinismus einsetzt.
Obwohl die Akademie der Wissenschaften Sacharow nicht als Kandidaten für den ersten Volksdeputiertenkongress aufstellt, wird er im Frühjahr 1989 von vielen Demokratie-Anhänger∙innen als Delegierter in das erste halbfrei gewählte Parlament gewählt, wo er sich legendäre Auseinandersetzungen mit Gorbatschow liefert.
Sacharow und Bonner werden in Moskau am Bahnhof von hunderten begeisterten Menschen empfangen / Foto © Sacharow-Zentrum Mehrere Journalist∙innen und Fotograf∙innen verfolgen das Auto, mit dem das Ehepaar vom Bahnhof nach Hause fährt / Foto: 23. Dezember 1986 / © Juri Abramotschkin, Sputnik Sacharow und Bonner nehmen sofort ihr Engagement für Menschenrechte und Demokratie wieder auf; sie reisen durchs In- und Ausland und treffen internationale Staatschefs / Foto: Sacharow in Moskau, 1987 / © Juri Rost, Sacharow-Zentrum Gemeinsam mit anderen Andersdenkenden gründet Sacharow die erste demokratische Partei und die Organisation Memorial , die sich bis heute für die Aufarbeitung des Stalinismus einsetzt / Foto: Sacharow auf einer Demonstration für die Gründung von Memorial, 25. Juni 1988 / © Sacharow-Zentrum
Der Volksdeputiertenkongress
Obwohl Gorbatschow ihn nicht (aus)reden lassen will, ergreift Sacharow im Namen der demokratischen Opposition das Wort. Er streitet für eine Reform der Verfassung, in der es kein Machtmonopol der Kommunistischen Partei, dafür aber tatsächliche Rede- und Versammlungsfreiheit gibt. Nach dem ersten Volkskongress entwirft er sogar eine eigene Verfassung. Auf dem zweiten Kongress, der am 12. Dezember 1989 beginnt, plädiert er erneut vehement dafür, die Kommunistische Partei aus der Verfassung zu streichen.
Im Frühjahr 1989 wird Sacharow als Delegierter in den ersten halb frei gewählten Volksdeputiertenkongress gewählt, in dem er sich legendäre Auseinandersetzungen mit Gorbatschow liefert, 9. Juni 1989 / © Boris Babanow, Sputnik
Videoaufnahme der Rede SacharowsEr streitet für eine Reform der Verfassung, in der es kein Machtmonopol der Kommunistischen Partei gibt. Nach dem ersten Volkskongress entwirft er sogar eine eigene Verfassung / Foto: Sacharow am 28. Mai 1989 / © Sergej Gunejew, Sputnik
Am Abend des 14. Dezember 1989 legt sich Sacharow kurz hin. Er bittet seine Frau, ihn um 21 Uhr zu wecken, damit er noch seine Rede für die Sitzung im Kongress am nächsten Tag vorbereiten kann. Doch als sie zu ihm kommt, ist er bereits tot. Zu diesem Zeitpunkt ist Sacharow erst 68 Jahre alt.
Drei Monate später wird das Machtmonopol der Kommunistischen Partei aus der Verfassung gestrichen; zwei Jahre später zerfällt die Sowjetunion in 15 unabhängige Staaten.
Bereits 1987 beschließt das Europa-Parlament, den Sacharow-Preis für geistige Freiheit einzurichten. Die ersten beiden Preisträger sind 1988 der südafrikanische Freiheitskämpfer Nelson Mandela und Anatoli Martschenko – Sacharows Freund, der im Gefängnis umgekommen ist. Der Preisträger 2021 ist der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, der nach mehreren zweifelhaften Verurteilungen am 16. Februar 2024 im Lagerhaft verstorben ist.
Drehbuch und Text: Susanne Schattenberg
Illustrationen: Anna Che
Animationen: Philipp Yarin
Veröffentlicht: 14. Dezember 2021